Viele Menschen gehen in das neue Jahr mit der gleichen Unsicherheit hinein, mit der sie aus dem alten herausgegangen sind. Sie fragen sich, wie die Welt oder auch nur ihr Land die gewaltigen anstehenden Probleme lösen soll, wenn es doch fast nicht mehr möglich ist, auch nur eine kleine Frage vernünftig zu diskutieren und zu einem guten Ende zu bringen, von den großen Fragen ganz zu schweigen.
Es war zu befürchten, dass es so kommt. Wir werden mit immer mehr Informationen geflutet, aber die Institutionen, die uns helfen könnten, diese Fluten so zu kanalisieren, dass wir etwas daraus lernen, werden immer schwächer. Früher hielt man sich vor allem an gedruckte Informationen, weil man vermutete, dass die Mühe und die Kosten des Druckens schon dafür sorgen würden, dass nicht alles und jedes verbreitet wird.
Das „Netz“, wo alle Informationen gleich wertvoll aussehen und wo jeder alles und jedes fast ohne Kosten öffentlich machen und verewigen kann, wird mit seiner Informationsflut aus der Sicht vieler Beobachter zu einem unserer zentralen Probleme statt zum Problemlöser. Doch der Unterschied zwischen den Foren des Netzes und den Stammtischen der letzten tausend Jahre liegt nur darin, dass Schallwellen schneller verschwinden als elektronische Aufzeichnungen und dass das beim Verzapfen des Blödsinns getrunkene Bier das Vergessen der Stammtischparolen leichter machte.
Die eigentliche Veränderung liegt darin, dass den „offiziellen“ Medien von der Informationsflut des Netzes ihre Geschäftsgrundlage geraubt wird, weil Informationen als solche unverkäuflich geworden sind, denn jede Information gibt es irgendwo umsonst. Aus reiner Notwehr sind die traditionellen Medien mehr und mehr zu einer Verteidigungsmaschine dessen geworden, was ihre Besitzer und ihre Macher für die reine Wahrheit halten.
Wer nämlich Information nicht mehr verkaufen kann, versucht Meinung zu verkaufen. Doch mit der Meinung ist es nicht so einfach wie mit den Informationen. Hat eine Redaktion fünf starke Meinungen, hat sie in der Außenwirkung keine einzige wirkungsvolle mehr. Hat sie nur eine Meinung, dann ist das die des Verlegers und die Meinungen der zehn wichtigsten Verleger sind alle gleich. Also kommentieren sie die Ereignisse der Welt immer einheitlicher und verzweifeln gleichzeitig dabei, weil sie wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das niemand mehr hören und lesen will.
Für die Politik sieht das für einen Moment sehr gut aus, weil die Meinung der zehn größten Verleger natürlich auch die Meinung der zehn einflussreichsten Politiker ist. Folglich lässt man sich vergnüglich im Mainstream treiben und kommt niemals auf den Gedanken, der könnte in die falsche Richtung fließen. Die Hunde im Netz bellen zwar laut, doch die Karawane „der großen Geister“ zieht unbeeindruckt weiter.
Führt der Mainstream aber doch in die Irre, merken es irgendwann die Menschen und sie sind nicht mehr bereit, die Boote im Mainstream der Medien und der Politik zu ziehen. Sie wählen „Alternativen“, die vorgeben, gegen den Mainstream zu sein, selbst wenn die „Rebellen“ nur mühsam verdecken können, dass sie Scharlatane sind.
Genau da ist die Welt zu Beginn des Jahres 2017. In den USA wird ein Mann Präsident sein, der nichts als Mainstream kennt und in dieses Amt gewählt wurde, weil die Masse der Menschen mit ihrer wirtschaftlichen Lage unzufrieden ist und er für ein paar Monate überzeugend die Rolle des Rebellen gespielt hat.
In Europa stehen große Veränderungen an, weil die wirtschaftliche Lage sieben Jahre nach Beginn der Krise katastrophal ist, die Arbeitslosigkeit auf extrem hohem Niveau nicht sinkt und die Wirtschaftspolitik ihr klägliches Versagen mit Alternativlosigkeit verteidigt. Deutschland sonnt sich politisch und medial in seiner Sonderrolle, gibt vor, alles richtig zu machen und die veröffentlichte Meinung ist übereingekommen, Deutschlands unerträglichen Merkantilismus und seine Schuld in und an der Eurokrise durch standhaftes Leugnen und Verschweigen aus der öffentlichen Auseinandersetzung zu verbannen.